An welchen Orten weinen wir? Mit diesem Thema habe ich mich im Rahmen des Crying Institute beschäftigt. Da Weimar in meinen Augen eine vielfältige kleine Stadt ist, die einige interessante Orte zu bieten hat, habe ich eine Karte erstellt, die euch die zehn besten Orte anzeigt, an denen ihr euren Tränen und Emotionen freien Lauf lassen könnt.
- Lichthaus Kino
Im Lichthaus lässt es sich besonders gut weinen, da es nicht nur oft genug traurige Filme zu sehen gibt, sondern auch, weil einem die Sofas in den Kinosälen eine komfortable Geborgenheit geben. Wenn man Glück hat, erwischt man außerdem auch mal eine Vorstellung, in der man ganz alleine ist – es fühlt sich also fast so an wie im eigenen Wohnzimmer. Es ist dunkel, warm, gemütlich – hier steht deinen Tränen nichts im Wege.
2. Weimarhallenpark
Der Weimarhallenpark ist eine sich sehr gut eignende Grünfläche, da sie des öfteren nicht sehr stark besucht ist. Außerdem bietet der Schatten, den die im Park verteilten Trauerweiden schenken, einen wundervollen Platz zum weinen und traurig sein – alleine schon wegen der Nennung des prachtvollen Baumes. Auch beim Rundendrehen um den symmetrisch angelegten Teich kann man ganz einfach vergessen, dass man sich gerade mitten in Weimar befindet und kann den Tränen freien Lauf lassen.
3. Jakobskirche
Das Besondere an der Jakobskirche ist nicht nur der kleine, schöne Friedhof, sondern vor allem das Innere der Kirche. Begeht man das Gebäude, so fühlt man sich fast wie ein Teil einer Zeitreise. Die Gestaltung ist nicht so prunkvoll, wie man sie von so vielen anderen Kirchen kennt. Die Räume sind klein und die wenigen Möbel, die es gibt, stehen wohl schon seit hunderten von Jahren genau so dort. Das Highlight ist aber natürlich der Aufstieg in den Kirchturm. Insgesamt kann man 114 Treppenstufen nach oben gehen, dann befindet man sich in dem obersten Zimmer (sogar noch über der Kirchturmglocke) und hat einen fabelhaften Ausblick auf das Weimarer Umland. Auf dem Weg nach ganz oben kann man sich aber auch gut und gerne eins der vielen Zimmerchen und Nischen aussuchen, um zu grübeln, zu denken, zu schwelgen und vor allem zu heulen.
4. Zwiebelmarkt
Auch, wenn der Zwiebelmarkt nur einmal im Jahr stattfindet, ist er trotzdem zum Heulen. Eine gewisse Anonymität ist dort auf jeden Fall gegeben, da Menschen für diesen Anlass aus ganz Thüringen nach Weimar reisen. Vor allem auf dem dazugehörigen Mittelaltermarkt lässt es sich leicht im Getümmel untertauchen und falls einen die Mittelalter-Atmosphäre noch nicht zum Weinen bringt, dann gibt es an jeder Ecke genug Essensstände, die Spezialitäten mit frischen Zwiebeln und Knoblauch anbieten. Diese Dämpfe sorgen zuverlässig dafür, dass einem die ein oder andere Träne in die Augen schießt – versprochen!
5. Leutraquelle
Gewässer sind besonders gute Orte zum Weinen. Leider ist Weimar in dieser Hinsicht etwas zu kurz gekommen. Wir müssen uns also mit dem kleinen Rinnsal Ilm zufrieden geben – aber halt: denn bei der Sternbrücke in der Nähe des Residenzschlosses gibt es sogar einen kleinen Wasserfall! Hier befindet sich direkt neben dem Ochsenauge die Leutraquelle. Wenn du also das Bedürfnis nach etwas Plätscherndem in der Natur hast, um deinem Tränenfluss freien Lauf zu lassen, bist du hier richtig aufgehoben! Im Anschluss deiner Heul-Session kannst du dann – wie Goethe zu seiner Zeit – sogar noch einen kleinen Spaziergang durch den Ilmpark machen.
6. Universitätsbibliothek
Die Bibliothek mag zuerst wie ein eher ungeeigneter Ort fürs Heulen scheinen – und das stimmt auch. Das Letzte, was man schließlich braucht, wenn einen die Emotionen überkommen, ist Aufmerksamkeit durch böse Blicke oder schreiende Mitarbeiter*innen. Aber es gibt eine Ausnahme: die Carrels. Brauchst du also mal eine dringende Auszeit und einen Raum für dich ganz alleine, kannst du dir einen solchen reservieren und deiner Traurigkeit freien Lauf lassen. Hier wird dich garantiert niemand unterbrechen und du störst auch niemanden beim Lernen. Ein moderner „Crying Room“ nur für Studierende sozusagen.
7. Marienstraße 1
Die M1 ist ein Haus für sich. Auch, wenn sich viele Studierende (vor allem aus der Kunst und Gestaltung) diesem Gebäude inzwischen sehr verbunden fühlen, ist das sicherlich nicht wegen seines schönen Aussehens. Im Inneren der M1 fallen mir relativ viele Orte ein, wo man mal ungestört eine Träne verdrücken könnte. Die Toiletten – insbesondere die auf der 3. Etage – sind aber eine spezielle Empfehlung. Manchmal wollen die Tränen ja einfach nicht raus kommen und man braucht einen kleinen Auslöser, damit man sich mal so richtig frei heulen kann. Der Geruch, der sich seit Jahren hinter der Türe dieser Toilette verbirgt, wird einem aber garantiert weiterhelfen. Ähnlich wie auf dem Zwiebelmarkt finden sich hier nämlich Dämpfe, die dich auf keinen Fall unberührt lassen werden. Ein praktischer Nebeneffekt: die Toilette ist selten besucht und die Wahrscheinlichkeit, dass du gestört wirst, ist ziemlich gering.
8. Historischer Friedhof
Hierzu muss ich wohl nicht viel sagen. Dass ein Friedhof ein guter Ort zum Weinen ist, ist schließlich nichts Neues. Das besondere am historischen Friedhof in Weimar ist allerdings, dass er unendlich weit scheint und einem somit genug Zeit gibt, sich auszuheulen und dass er die Ruhestätte vieler bekannter Menschen ist. Außerdem gibt es einige spannende Denkmäler, Gruften etc., bei denen man sogar noch etwas lernen kann. Vor allem wenn die Sonne scheint, ist der schöne, große, grüne Friedhof wirklich eine 10/10. Man entdeckt bei jedem Besuch etwas Neues.
9. Römisches Haus
Das Römische Haus ist ein klassizistisches Gebäude, für das wieder einmal kein geringerer als Goethe verantwortlich ist. Um das Haus herum befinden sich genug Stufen, Emporen und Plattformen, auf denen man ein paar Minuten verweilen und weinen kann. Hierbei hat man einen wunderbaren Ausblick ins Grüne und kann vergessen, dass man sich nur wenige Minuten vom Hauptcampus befindet. Wer noch etwas versteckter und geborgener weinen möchte, kann sich in den östlichen Durchgang begeben. Dort findest du sogar einen passenden Brunnen, der durch seine Platzierung und wannenartige Form fast danach schreit, deine Tränen aufzufangen. Wenn du Glück hast, kannst du hierbei sogar noch ein paar süßen Schafen beim Grasen zusehen.
10. Kirschbachtal
Zu guter Letzt ein ganz magischer Ort: das Kirschbachtal. Hier ist zu jeder Jahreszeit etwas geboten. Gerade zum Weinen bietet sich diese schöne Umgebung aber besonders im Sommer an. Denn an den richtigen Stellen ist das Gras dann so hoch, dass man im Sitzen von anderen Kirschbachtal-Fans gar nicht mehr gesehen wird. Außer einem neugierigen Vierbeiner mit guter Nase wird dich hier vermutlich niemand stören. Unter einem Pinien-Baum sitzend, im hohen Gras, mit dem besten Ausblick auf den Sonnenuntergang – das lässt doch wirklich kein Herz kalt.
Aber Vorsicht – Du solltest dich danach unbedingt nach Zecken checken!